Sonntag, 5. Juli 2009

Rosen unter Palmen - Folge 10

geschrieben von: CormacMcCarthy, 05.07.09 01:23

Ein Leiche? Helli hatte noch nie in ihrem Leben eine Leiche gesehen. Was sollte sie tun? Hitzewallungen durchströmten sie. Sollte sie sie anfassen? Sollte sie nach Spuren suchen? Was würde die Polizei sagen. Überhaupt, die Polizei, die sollte sie doch als erstes verständigen, oder? Aber was würden die sagen? Ist sie nicht unerlaubt in einen Tatort eingedrungen? Hatte sie sich damit verdächtig gemacht? Eilig schaute sie sich im Zimmer um. Neben dem Toten lagen eine verwelkte Rose und eine Karte. Aufmerksam und besonnen überlegte Helli, was zu tun sei. Sie streifte sich schnell ihre Damasthandschuhe über, denn sie wollte keine weiteren Fingerabdrücke hinterlassen. Dann kniete sie sich zu der Leiche hinunter. Der Anblick ließ sie erschauern, aber die Neugierde war zu groß. Sie hob die Karte auf und las: "So lange im Keller warten, bis ein Hund auftaucht. Streicheln und sich freuen. Aber aufm Mofa stürzen und in Bücherei Mitglied werden. Willer-Bild einfrieren! Extrem heißer Kachelofen für Knappich-Oma und Treffpunkt. Größte Fernbedienung der Welt." Was sollte das? Helli griff sich an den Kopf. Das war zuviel. Ihr armes Lady-Herz konnte solche kryptischen Botschaften nicht recht deuten. Überhaupt schien ihr die Botschaft reichlich verworren und vielleicht bedeutungslos. Aber sollte sie es darauf ankommen lassen? Nein, sie musste etwas unternehmen. Aber wie? Und wen sollte sie informieren? Immerhin konnte sie, das war ihr mittlerweile bewußt, dieses Rätsel, wenn es denn eins sein sollte, nicht alleine lösen. Sie taumelte, strauchelte Richtung Tür und schloss sie, nachdem sie draußen war und sich vergewissert hatte, dass sie niemand bemerkt hatte. Der Tote sollte bis auf weiteres ihr Geheimnis bleiben (und das des Mörders natürlich). Wie paralysiert ging sie daraufhin das Hotel ab, immer auf der Suche nach der Person, der sie sich anvertrauen könnte. Dem Schweden? Nein, der würde sie nicht recht verstehen. Rach? Ja, vielleicht Rach. Aber nein, dessen Gesinnung war nun viel zu feinsinning. Nachdem sie alle Möglichkeiten durchgegangen war und alle gleichfalls verworfen hatte, schritt sie raschen Fußes zur Rezeption. "Ich würde gern ein Ferngespräch anmelden", sagte sie. Die Rezeptionistin, immernoch irritiert wegen der Verwechslung bezüglich der Essensausgabe, reichte ihr den Aparat und murmelte: "Aber keine Auslandsanrufe." "Nein, nein", versicherte die Gräfin, "ich möchte nur einen alten Bekannten anrufen." Sie wählte ...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen